Neben der Gondelei durch die Landschaft, Tierbestaunungen und den “Fun-Sportarten” geben sich Steve und Iain immer wieder Muehe, dass wir soziale und problembewusste Menschen werden oder bleiben, je nach Stand der Dinge. Bujagali Falls ist nicht nur der nationale Raftingsitz, sondern auch Heimat von Softpowereducation, also ab zur Besichtigung. Bildung ist Hauptziel der Organisation (eine Klinik ist allerdings auch angeschlossen), zum einen renovieren sie staatliche Grundschulen, zum anderen betreiben sie ein Bildungszentrum. In dieses Zentrum kommen pro Tag 60 Vorschulkinder, denen Grundkenntnisse in HIV/AIDS-Praevention, Menschenrechten, IT und Lesen beigebracht werden. Die Ausstattung hat einen unglaublich hohen Standard, ich gehe mal als Laie davon aus, dass so etwas in Uganda sehr, sehr selten ist. So weit, so fantastisch. Naechster Programmpunkt war dann das Streichen von Klassenraeumen einer staatlichen Grundschule fuer 1000 Schueler. Alles, was man dafuer tun muss, ist der Kauf eines T-Shirts. Ich war nun nie eine Freundin des Prinzips “Bezahlen fuer Arbeit”, jetzt noch weniger als vorher. Zumindest scheint sich die Organisation ueber die fehlende Nachhaltigkeit ihres Anstreichertums bewusst zu sein, sie haben nicht und werden auch keine Eltern oder sonstige locals zur Instanthaltung der Schule anhalten, weder als Freiwillige noch als Angestellte. Man macht in Bujagali den Witz, dass die Waende der Schulen immer dicker werden, weil jede Gruppe Freiwilliger mindestens eine Schicht Farbe draufpackt. Eigentlich nicht so lustig, wenn man erst das Gewissen der Mzungus streicheln muss, bevor man an das eigentliche Ziel kommt…
Archive for April 2010
Ueber den Sinn und den Unsinn der Freiwilligenarbeit
Posted in Afrika on April 30, 2010| 3 Comments »
Mzungus in the mist
Posted in Afrika on April 30, 2010| Leave a Comment »
Ruhengeri, Ruanda – Parc National des Volcans – Gorillatrekking – ein Highlight dieser Reise. Goetterdaemmerung.
Dummerweise haben mir Wind, Staub und meine Kontaktlinsen ein zugeschwollenes Auge beschert, das abgeklebt werden muss. Mit Machete und einem Auge durch den Dschungel, ick froi mir! Meine Stimmung ist unterirdisch.
Nun denn, zu den harten Fakten: Es gibt keine 2000 Berggorillas mehr, von denen die allermeisten im Virunga-Massiv im Dreieck Uganda-Ruanda-Kongo leben, alle drei Laender machen Gorilla-Trekking in ihrem Teil des Nationalparks. Maximal drei Gruppen zu acht Leuten erhalten pro Tag eine Erlaubnis, und die kostet pro Stueck 375 Pfund. Ja, das ist unglaublich teuer, mir faellt aber auch nix besseres ein, wie man die Affen schuetzen kann, ausser Besucherauslese nach monetaerer Leistung zu betreiben. Man marschiert also durch den Urwald, vorneweg der Machetenmann, hintendran der Gewehrmann, und hofft, dass die lieben Gorillas auch da sind, wo man sie vermutet. Das kann einige Stunden dauern, vielleicht aber nur zehn Minuten. Wenn man die Familie gefunden hat, darf man exakt eine Stunde bleiben und gucken, aber immer mindestens sieben Meter Abstand halten und nicht anniesen, sonst kriegen die auch Schnupfen.
Soweit die Theorie. Wir hatten das unglaubliche Glueck, insgesamt nur zwischen zwei und drei Kilometer laufen zu muessen (viel mehr haette ich auch nicht hinbekommen). Die Familie sass am Berg, wie sich das fuer Berggorillas gehoert, Papa Silberruecken und seine 21 Familienmitglieder (ein paar waren abgaengig). Babygorillas verbringen ihre Zeit damit, den Berg hochzurennen und dann wieder runterzurkugeln. Dabei muessen sie miteinander kaempfen und sich auf die Brust hauen, das ist allerdings sehr schwierig, meistens fallen sie dabei um. Die Schulkinder schaukeln gerne in den Baeumen, wobei sie vergessen, dass sie voll im Wachstum sind und krachen dann durch die Aeste auf den Boden. Sehr diskret, daran erkennt man wohl, dass ein Tier keinen natuerlichen Feind har. Die Erwachsenen haben fuer sowas keine Zeit, die muessen essen. Beeindruckend ist, wie sehr die Gorillas Menschen einfach koexistieren lassen. Die Ranger grunzen von Zeit zu Zeit, das heisst auf Gorillisch “ich komme in friedlicher Absicht, lass uns Freunde sein”, und die Gorillas ignorieren die Menschen total. Kein Augenkontakt, keine Drohgebaerden, keine Neugier, nichts. Das bedeutet auch, dass die sieben Meter Sicherheitsabstand den Jungs am Affenpo vorbeigehen, wenn die von a nach b wollen und da steht ein Mensch im Weg, dann geht man da trotzdem lang. Ein geschuetzter Berggorilla hat ein feines Leben. Und ich fand es sehr nett von ihnen, dass wir sie eine Stunde lang belaestigen durften.
Lessons learned in Hell’s Gate National Park
Posted in Afrika on April 30, 2010| Leave a Comment »
Die Empfehlung des Tages: Hell’s Gate ist der einzige Park in Kenia, den man beradeln kann. Da kann man nicht nein sagen! Bei den Kenianern stoesst man auf komplettes Unverstaendnis, wenn man trotz Auto vor der Tuer Fahrradfahren moechte, aber sie liessen uns gewaehren. Auf dem Programm stand ausserdem ein 90 minuetiger “Spaziergang” in der Schlucht, in der Angelina Jolie Tombrider 3 gedreht hat. Dass wir uns nicht abseilen mussten war alles, mein lieber Herr Gesangsverein! Was war ausserdem ueber die Tiere gelernt haben, die wir auch gesehen haben:
- Zebras sind so dumm, dass sie nach ca. 80 Metern Flucht vergessen, warum sie gerade wegrennen. Sie bleiben im Regelfalle stehen und werden verspeist.
- Giraffen leiden unter Krieslaufproblemen und stehen, wenn sie liegen, stets kurz vor dem Schlaganfall. Grund: Kopf zu weit weg von der Pumpe.
- Der naechste Verwandte des Elefanten ist ein Viech, das aussieht wie ein ueberdimensioniertes Meerschwein. Verrueckt, die Natur!
How do you like Africa?
Posted in Afrika on April 30, 2010| Leave a Comment »
Wie ist es in Afrika?
Bisher gesehen habe ich Kenia, Uganda und Ruanda, wobei Ruanda eigentlich nicht zaehlt, weil 1. nur zwei Tage Aufenthalt und 2. Augeninfektion rechts mit eingeschraenktem zweidimensionalen Sehfeld. Man sagt, Ruanda sei die Schweiz von Afrika (rein landschaftlich gesehen, versteht sich), und ich meine erblinzelt zu haben, dass die Vulkankegel wirklich sehr huebsch anzusehen sind. Uganda ist wie ein plattgesessenes Ruanda, groesser und huegelig statt bergig. Sonne und Regen gibt es hier ausreichend (was nicht heisst, dass alle Einwohner Zugang zu Trinkwasser haben, das scheint infrastrukturell unloesbar zu sein), was die Vegetation sehr freut. Die Erde ist rot,die Pflanzen sind gruen, der Himmel ist blau. Und um die dazugehoerige Weite zu beschreiben, muss man Swahili koennen, da gibt es sicherlich die passenden Worte dafuer. Die Ugandier (Ugandesen, Ugandaner) und Ruandesen sind, man mag davon gehoert haben, ueberdurchschnittlich jung. Dass es SO viele Kinder gibt, und dass es KEINE alten Menschen gibt, war mir vorher nicht bewusst. Fast alle Kinder verfallen in ekstattische Freude, wenn sie den grossen gelben Truck mit den Mzungus sehen, und winken und schreien und rennen. Erstaunlich, denn sie sehen die Mzungus fast jeden Tag, das hat aber keinen Abnutzungseffekt. Der Grund, warum Weisse ausschliesslich mit Mzungu angeredet werden, was tatsaechlich nichts anderes als “weiss” heisst, bleibt mir weiterhin verborgen. Man stelle sich vor, alle wuerden sich nur noch mit ihrer Hautfarbe ansprechen, das waere ja ein heilloses Durcheinander. Die Gespraeche, die wir bei Lust und Laune hundertmal am Tag fuehren koennten, folgen diesem Schema: “Mzuuuungguuuuuuu, hauahhju?” “Good, how are you?” ”Mzuuuunnggguuuuuuu!” Inhaltlich also durchaus beschraenkt, aber mit einer Begeisterung gefuehrt, von der man sich ein Scheibchen abschneiden kann.
Ist Afrika gefaehrlich?
Ja. In Afrika stirbt man an Durchfall, an Minibus-gegen-Tanklaster-Unfaellen oder an der Geisteskrankheit seines Diktators. Afrika ist also besonders fuer Afrikaner gefaeehrlich. Als Mzungu ist man privilegiert, und als Tourist-Mzungu ist man mehr als privilegiert. Afrikaner, so wie ich sie bisher erlebt habe, bewachen sehr gerne, am liebsten Tankstellen und Campingplaetze voll mit Mzungus. Bisher habe ich wenige Grosstadte gesehen, denen man nachsagt, gefaehrlicher als das Landleben zu sein, aber auch in Nairobi scheinen dieselben Regeln zu gelten wie an der Gare du Midi in Bruessel: Hebe nicht nachts alleine dein Montasgehalt vom einsehbaren Geldautomaten ab, stehe nicht untaetig in der Gegend rum, als ob du Gesellschaft suchst, steig nicht bei fremden Menschen ins Auto, usw. Ich melde mich zu diesem Thema aus Johannesburg wieder.
Wie ist das Leben im Truck?
Der Truck ist riesig und gelb und heisst Barbara. Barbara faehrt uns 38 Tage lang durch die Gegend, bisher macht sie das ganz gut. Barbara hat grossen Hunger und isst 33 Liter Diesel auf 100 km. Statt Fenster hat Barbara rollbare Planen an den Seiten, die immer oben sind, wenn es nicht regnet, damit die Mzungus auch streifenfrei betrachtet werden koennen. Ausserdem hat Barbara alles, was man so braucht: Musik, Stauraum, Bussitze, Bibliothek, Safe, herrlich! Barbara bietet uns Schutz und Geborgenheit, aber manchmal, manchmal wird Barbara zum Fluch, denn Barbaras Biorhythmus darf nicht gestoert werden. Barbara steht frueh auf und laeuft in manchen Tagen acht Stunden lang ueber Strassen, die nicht steissbeinkompatibel sind. Barbara will immer vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein und hat deswegen keine Zeit fuer Rumlungereien wie Fotostopps oder aehnliches Gedoens. Neben Steve (driver) und Iain (guide) und Masu und Anni hat Barbara momentan noch elf weitere Bewohner, die sich bis auf eine Ausnahme als wenig interessante Zeitgenossen herausgestellt haben. Ich arbeite daran, dass mich das nicht stoert. Und freue mich schon auf die naechste Afrika-Reise, die definitiv mit Freunden stattfinden wird.
Jambo!
Posted in Afrika on April 21, 2010| 5 Comments »
East Africa seems to share one single 56k-modem…
Abschiedsscherze
Posted in Gedanken on April 2, 2010| 5 Comments »
Noch etwas mehr als eine Woche bis Abflug… Uiuiui… Vieles wird nicht vermisst werden. Exemplarisch eine Unterhaltung durch eine geschlossene Haustür mit Glasscheibe zwischen mir und der Nachtapothekerin, die ich eine halbe Stunde vor definitivem Auszug aufsuchte, um ein dringendes Rezept einzulösen.
Sie: „Sldfbbbbbönadvvllj.“
Ich: „Entschuldigung, ich verstehe Sie leider nicht.“
Sie: „Döoiaöofnweogp.“
Ich: „Es tut mir leid, ich kann Sie nicht hören.“
Sie (brüllt): „Das kann nicht sein, wenn ich Sie verstehe, müssen Sie mich auch verstehen!“
Ich: „Ach so, vielleicht liegt es daran, dass Französisch nicht meine Muttersprache ist, tut mir wirklich sehr leid.“
Sie: „Wie bitte?“
Ich schiebe ihr einfach das Rezept durch so eine Art Katzenklappe, sie hat immerhin zwei der vier benötigten Packungen vorrätig, alles fein.
Ich: „Muss ich bei Ihnen bar bezahlen?“
Sie: wildes Kopfnicken
Ich: „Das ist ärgerlich, ich habe genau 2 Euro zu wenig, ich gehe schnell zum Automaten und komme sofort wieder.“
Sie: „Dann aber erst um 9, ich muss mich noch frisch machen, ich habe ja die ganze Nacht nicht geschlafen.“
Ich: „Aber ich bin doch hier richtig bei der Nachtapotheke?“ (Man kann sich ja mal vertun, hätte ja sein können, dass ich versehentlich beim Blumenladen nebenan geklingelt habe.)
Sie: „Können Sie nicht mit Karte zahlen?“
Ich: „??? Ähm, ja, kann ich…???“
Da schließt die Frau nach 10 Minuten Brüllerei durch eine geschlossene Tür dieselbe seelenruhig auf, lässt mich in den Laden und per Karte bezahlen. Die Kasse war übrigens an.
Ich gehe davon aus, dass im globalen Durchschnitt die Menschen netter sind als da, wo ich wohne. Das mag naiv sein, aber schlimmer kann es einfach nicht werden.
Gut, ALLE Menschen in meinem Umfeld sind natürlich nicht unfreundlich, im Gegenteil: Je näher sie mir kommen, umso netter werden sie. Ich verbringe im Schnitt so ca. neun Stunden am Tag mit den Lieblingskollegen Fietchen und Frau L.-H., die werden mir sicher fehlen, die gehören ja in meinen autistischen Tagesablauf, ich kann nie wieder eine Pizza Funghi essen, ohne nostalgisch zu werden! Wehe, ihr seid alle nicht mehr da in einem Jahr! Reicht ja, dass der Laden dann schon längst abgeschafft wurde. Oder zum GUIDO wurde. Oder was auch immer.
Familie ist auch so eine Sache. Vor Kurzem ist meine Stiefschwiegermutter (oder, viel hübscher: ma belle-belle-mère) legalisiert worden, sprich: Nach 17 Jahren wilder Ehe haben H. & H. den revolutionären Schritt zum Standesamt getan. Weil die Beringung an sich ja jetzt nicht so die Riesenüberraschung ist, haben sie es erstens am Aschermittwoch und zweitens heimlich getan. Ick froi mir! Stelle mir aber auch die Frage, ob das nur der Anfang einer Reihe von Eskapaden war. Wird nun alles aus dem Clanruder laufen, während ich aushäusig bin? Werde ich meine Artgenossen überhaupt noch wiedererkennen? Ganz schön fies, ich möchte bitte danke input, Veränderung und Entwicklung für mich selber, während alte Strukturen um Gottes Willen von der Evolution verschont bleiben mögen, damit das gemachte Nest bei der Rückkehr auch ja warm und heimelig ist. Wie egoistisch! Bitte habt alle ordentlich Spaß im nächsten Jahr, jeder hat ein Recht auf den aufrechten Vorwärtsgang, jawoll!
Was ich wahrscheinlich auch vermissen werde, und das ist wirklich nicht zu entschuldigen, wird der mediale Trash sein. Die Entscheidung ist so gut wie gefallen, das Notebook muss zu Hause bleiben. Schluchz. Ich liiiiiiiiiiebe voxonline, diese Auswanderergeschichten über Schalker, die in Tunesien einen Minigolfplatz eröffnen wollen: „Die Bahn wird einschlagen wie eine Bombe.“ Ohne Witz, das wird hart werden. Keine Filme, kein Dexter, kein nix. Zurück zum Backgammon.
Ab jetzt wird nur nach vorne geschaut, nächster Punkt auf der imaginären to-do-Liste lautet: Praktische Weltreisevorbereitung durch Extremstädtereisen. Ostern in Rom.