Bruessel ist voll von sogenannten Expatriates, aus dem Heimatland Entsendeten, die nun im Niemandsland in Suedflandern ihr Dasein fristen, weil ihre Taetigkeit die regelmaessige Anwesenheit auf der Place du Luxembourg (mittwochs ab 18 Uhr) noetig macht, um dort zu netzwerken. Wenn ich so ueberlege, kenne ich eher wenig Leute, die tatsaechlich nach Bruessel verschickt wurden, die meisten haben da einfach einen Job gefunden und sich selber geschickt (z.B. icke). Trotz der begrifflichen Unschaerfe versteht man sich selbstredend als mehr oder weniger gestraft, nicht mehr wie jeder normale Mensch bei DM einkaufen gehen zu koennen. Expat. Die Legitimation dafuer, viele Dinge schrecklich zu finden, die “zu Hause” viiiel besser funktionieren/schmecken.
Nach Lilongwe kommt niemand aus Europa, der nicht entsendet wurde. Nach Lilongwe kommt auch niemand, der nicht irgendwas mit Entwicklungszusammenarbeit zu tun hat, denn weder Lasertechnologie noch Unternehmensberatung werden momentan in Malawi nachgefragt. Hier geht es auch nicht darum, ob die Dinge hueben oder drueben besser sind, weil es sie entweder gar nicht (regelmaessige Stromversorgung) oder zu viel davon (Krankheiten uebertragende Stechmuecken) gibt. Allein dafuer ist eine Entschaedigung tatsaechlich noetig, sonst wuerde das ja niemand laenger als drei Vollmonde machen. Von den materiellen Einschraenkungen abgesehen wuerde mich folgendes Szenario in den Wahnsinn treiben: Ein auesserst begrenzte Anzahl von Menschen ausschliesslich aus demselben Beschaeftigungssektor wie man selber (EZ), die man an oeffentlichen Orten treffen kann (ganz einfach eine Einkommensfrage: wer nichts hat, bleibt zu Hause; Malawi ist eines der zehn aermsten Laender der Welt.), in einem kulturellen Umfeld, das der Kalahari gleicht. Nicht, dass ich es in mehr als eine Ausstellung im Jahr schaffe, aber ich moechte das Gefuehl haben, ich koennte jeden Tag gehen. Ich will ja auch nur dann Gummibaerchen essen, wenn ich keine habe. Sprach eine Expat zu mir, die kurz vor Vertragsende steht:”Nee, ich will nicht zureuck nach Deutschland, da ist mir zu langweilig.” Hm, man muss ja nicht zwingend nach Schwerte an der Ruhr ziehen, ansonsten gibt es ja normalerweise auch in kleineren Staedten ein Kino. Oder ein Cafe. Oder eine VHS. Oder geht’s hier ums Wetter oder was? Tiefe Ueberzeugung von der Sinnhaftigkeit der EZ? Oder doch um Status?
Klar, als Expat im Haeuschen lebt es sich schoener als in 2ZKB in Essen-Altenessen, man muss nicht selber spuelen und im Idealfall uebt man eine erfuellende Taetigkeit aus. Der Preis ist ein Leben hinter hohen Zaeunen (ob die Sicherheitsstandards berechtigt sind oder nicht, kann ich nicht beurteilen), der mir zu hoch waere fuer Wohlstand + Exotik + die Tatsache, auf der Guten Seite zu sein. Expat-Dasein in afrikanischen Mittelstaedten wird gestrichen von der persoenlichen Liste der moeglichen Lebensformen. Vermehrung der gewonnenen Einsichten und so.
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