Nachdem ich also einen neuen Freund gefunden hatte, durfte Masu sich zum Ausgleich etwas wuenschen. Und was wuenscht er sich? Einen Ausflug auf den Mount Rinjani auf Lombok, gute Idee, dann mal los!
Unsere muntere Wandergruppe bestand neben uns aus fuenf Franzosen und -oesinnen, wie sollte es auch anders sein, la grande nation verbringt ja momentan geschlossen ihren Jahresurlaub in Indonesien. Zunaechst waren da Celine und Cecile, schlecht an ihren Vornamen, aber sehr gut an ihren Wesensmerkmalen zu unterscheiden. Celine taenzelte munter voran, waehrend die renitente Cecile grummelnd hinterherstapfte. Das Mittelfeld bildeten drei feierfreudige Junggesellen, die in mir ab Erscheinen furchtbare Vorahnungen weckten: Sie waren leider einen halben Tag zu spaet, weil sie nur eine Stunde geschlafen hatten dank der lustigen Pilze auf Gili T. Na Bravo. Ich dachte gleich an die Reinkarnation der gameboyspielenden British upperclass aus der Barbara (Tick, Trick und Track, ach nein, Matt, Dan und Will), diesmal in der Version verzogene Pariser Bourgeoisiegoeren (um es perfekt zu machen ebenfalls in einsilbige Vornamen gekleidet: Stan, Charles und Nic), aber nein, das waren ganz nette Menschen. Tja, und wir dann so im defensiven Mittelfeld. Vorneweg Bas, der Boss, angeblich unser Wanderfuehrer, leider wurde er aber nur selten gesehen, da er meistens ca. zwei Kilometer vor dem Peleton lag.
Soweit zur Vorstellung der Charaktere, die harten Fakten fuer das Logbuch:
Besteigung des zweithoechsten Vulkans Indonesiens (3.726 m), teilaktiv
Besteigzeit: 2.5 Tage
zu ueberwindende Hoehenmeter: 7.140 m (grob)
Laufzeit exklusive Essenspausen aber inklusive Trinkpausen: 23 Stunden
Die Reisefuehrer sagen, man muesse fuer diese Tour in durchschnittlich guter Verfassung sein, die Veranstalter sagen, dass jeder da hoch kann, no problem. Das ist gelogen. Es ist ebenfalls gelogen, dass man die Strecke in Turnschuhen gehen kann (Team Paris trug Chucks, die Fuesse sahen nicht gut aus am Ende) und dass man entweder einen Fleecepulli oder eine Goretexjacke braucht (man braucht beides, wenn man am Gipfel nicht erfrieren will) und dass die Strecke ungefaehrlich ist (vor einigen Wochen hat eine Italienerin, mal poetisch ausgedrueckt, die Reise ihres Lebens dort beendet, weil sie, laut Veranstalter, so dumm war, sich die Gegend anzuschauen statt auf ihre Fuesse zu achten. Ja, wo kommen wir denn da auch hin, sich einfach so beim Wandern die Landschaft angucken zu wollen, geht’s noch?) und dass Schlafsaecke gestellt werden (sie bedecken leider nur eine Koerperhaelfte, waehrend die andere Haelfte ab Bauchnabel friert, je nachdem, wie herum man in den Sack klettert) und dass der Wanderfuehrer grossartig an seinem Job interessiert ist (“Bas? Baaahaaaas!” Echo – Echo – Echo). Nun ja, ich war nicht zimperlich und bin brav wie ein Schaf die Berge hoch und runter, habe im Vierertakt wie in der Tanzschule meine Schritte gezaehlt, bin um 2:30 morgens aufgestanden und bin in drei Stunden 1.100 Hoehenmeter bis zum Fast-Gipfel gelaufen und dann wieder runter. Nein, wir waren nicht ganz oben, sondern haben uns 20 Minuten vor dem Ziel entschlossen, den Erhalt unserer Fingerkuppen hoeher zu bewerten als einen Sonnenaufgang im 360 Grad Panorama. Das Wandervolk wuerde so etwas wahrscheinlich als Niederlage bewerten, mir ging es und geht es immer noch am Popo vorbei.
Im Nachhinein, so auf laengere Sicht, laesst sich sicher sagen, dass das eine tolle Erfahrung war, so mit Grenzen austesten und seinen Koerper fordern und den Willen ueber die physischen Grenzen bestimmen lassen und so. Waehrend der Folter erinnert man sich manchmal an die schoenen Treks, die man mit Wanderbuddy Jonnycienpesos unternommen hat oder entwickelt Alternativen zur geplanten Nepaltour oder stellt sich vor, welche tiefe Befriedigung man in dem Moment empfinden koennte, wo man den Wanderfuehrer ueber den Kraterrand schubst. Im Moment sind meine Oberschenkel auf den doppelten Umfang geschwollen und ich frage mich, wie geisteskrank jemand sein kann, fuer diese Tortur auch noch Geld ausgegeben zu haben. Oder aber auch, wie Masu auf Nachfrage kurz und praegnant bemerkte: “That was shit.”
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