Naechster Halt: Melbourne. Ohne persoenlichen Kontakt zu den Bewohnern hergestellt zu haben (noch nicht), faellt ins Auge: Die Damen und Herren Melb(o)urner sind grosse Sportler an der Grenze zum Koerperkult. Da spaziert man am Strand entlang und wird im Sekundentakt von Joggern, Fahrradfahrern und Skatern ueberholt, die sich gerne auch mal spontan ihrer Oberbekleidung entledigen… Zugegebenermassen nur die maennliche Fraktion, und die auch nur obenrum. Und das mir, die ich klare Vorstellungen von Koerperbedeckung habe (nur bestrumpft ins Buero, aber bitte keinen Badeanzug in der Sauna, igitt)! Neben Sport selber machen nimmt Sport angucken eine weitere wichtige Stellung im Alltagsleben des Melb(o)urners ein.
Diese Woche unangefochten auf Platz 1 der Sportagenda: Der Melbourne Cup 2010. Es handelt sich um Pferderennen, Galopprennen, und zwar eine Menge, mit einem Hauptrennen am Dienstag Nachmittag. Und weil das sooo wichtig ist, ist das gleich mal ein Feiertag. Nun bin ich ja selber Pferdemaedchen, auch wenn mein neues Lieblingstier seit Ankunft in Australien Pinguin ist (an dieser Stelle mit Gruss an die Osnabruecker ein nostalgischer Verweis), mit fundierter Renn- und Wetterfahrung aus Dortmund-Wambel, aber DAS war dann doch eine ganz andere Nummer. Man will sich ja der Kultur des bereisten Landes annaehern, also versuchten Masu und ich herauszufinden, wo man denn was an diesem wichtigsten Fruehlingstag machen muss. Die Veranstaltung rund um die Rennen nennt sich Melbourne Cup Carnival, was bei mir die Assoziationen Klatschmarsch und Koelsch weckte, doch schlugen alle Recherchen fehl. Entweder kauft man ein Ticket, setzt sich einen bescheuerten Hut auf den Schaedel und saeuft ab 10 Uhr morgens Schampus mit den edlen Roessern oder man bleibt zu Hause, grillt ein Schwein auf Toast, hoert AC/DC und laesst den Fernseher laufen. Aus verschiedenen Gruenden liess sich Option A nicht realisieren, dann also Liveschaltung (Grill haben wir noch nicht, shame on us). Es dauerte gefuehlte 176 Werbeunterbrechungen und 846 bekloppte Pferdenamen, bis das Grossereignis der Welt (oder einem sehr kleinen, abgelegenen Teil der Welt) den Atem stocken liess. Und man muss sich tuerlich vorher die Frage stellen (frei nach meinem Schwesterlein): An wen wettest du? Masu waehlte aus Loyalitaet zu seinem Vater Harris Tweed, ich entschied mich fuer Americain, weil so die belgischen Mettbroetchen heissen. Und jetzt ratet, wer nach 3200 Metern voller Eleganz, Kraft und Schoenheit als erster in Ziel rauschte? Na? AMERICAIN! Ich bin internationale Pferderennsportexpertin, obwohl ich das bisher gar nicht wusste! Haette ich 30 Dollar investiert, haetten wir jetzt die Miete fuer naechste Woche drin. So kann’s gehen, Leben ist kein Ponyhof.
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