Seit zwei Wochen nun wohnen wir in einer Wohnung. Mit Balkon und Waschmaschine. Und mit Strand in, sagen wir mal, 300m Entfernung. Foam Street, falls jemand zum Angrillen vorbeikommen moechte. Hier ist die Welt noch in Ordnung: die Leute schneiden ihre Hecken, es gibt einen Aldi und nach Sonnenuntergang werden die Buergersteige fein saeuberlich hochgeklappt. Im woechentlichen Kaeseblaettchen stehen nicht die Termine der Treffen des Kaninchenzuechtervereins, ueber die ich mich im Sauerland immer so freue, hier sind die Menschen politisch und setzen Zeichen, jawoll! Mein heutiger Lieblingsartikel “A mo with meaning” erzaehlt die ergreifende Geschichte von Mike Sexton, der seinen an Prostata-Krebs erkrankten Vater durch das Wachsen seines Schnurrbartes (“mo”) unterstuetzt, aber nur im Movember. “Movember is an important reminder to all men to get their prostate checked,” Mr Sexton said. Also bitte, die Herren. Geht bestimmt auch auf facebook.
Und jetzt kommt’s: Das, was so sehr nach europaeischem Alltagstrott riecht, bereitet mir groesste Anpassungsschwierigkeiten! Nehmen wir mal an, dass ich mich nicht unbewusst erlebnisverweigere, weil ich hier ja urspruenglich gar nicht hinwollte, sondern dem Ruf des Mannes folgte, der hier schon immer mal aber irgendwie hat es nie geklappt arbeiten wollte. Nehmen wir mal an, dass ich nach sieben Monaten voll mehr oder weniger Exotik nicht schon so versaut bin, dass ich ohne Extremerfahrungen nicht mal mehr hoeflich den Kopf hebe. Nehmen wir mal an, dass es mir nix ausmacht, nach staendigem Angestarrt-, Angefasst- und Angelabertwerden ab jetzt nur noch meine Nachbarn mit einem Kopfnicken zu gruessen. Dann bleibt nur ein Grund: Geld. Geld ist in Australien sehr wichtig, man braucht davon sehr viel, und – Ueberraschung – das habe ich nicht. Jedenfalls nicht genug, um all das zu machen, was ich machen will. Na, da sollte man nicht lange rumnoergeln, dann muss man sich eben was besorgen. Aber in den Kaffeeladen zu marschieren und zu fragen, ob ich denn da mal 8-10 Cappuccino am Tag gegen ein kleines Taschengeld verkaufen koennte, bereitet mir unerklaerliche Schweissausbrueche. Die Lebensphase war doch eigentlich ueberwunden… Was soll der Geiz, ich fliege in zwei Tagen nach Perth und gucke mir die Westkueste an, und dann ueberlege ich mir das mit dem Kaffeeladen nochmal.
Und jetzt schaut ihr euch die Fotos an und denkt, dass ich nicht mehr alle Tassen im Schrank habe. Stimmt. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Manchmal sind die einfachsten Dinge die schwierigsten.
Schon sesshaft geworden? Dürfen wir bald nur noch die aktuellen Cappuccinoverkaufszahlen, gleich nach dem Wetterbericht lesen?
Bitte nicht!!! Tu was!
hey, das sind ja traumhafte Bilder aus dem „gewöhnlichen“ Australien 😉
Hat was, die Bilder bei einem heißen Tee zu sehen, wenn es hier draußen stürmt … da ist es gleich nur noch halb so kalt.
Ein Glueck, da ist das Jammern auf hohem Niveau ja doch zu was gut! Kleiner Tipp am Rande, in Victoria kann man im Winter, als im Sommer, sogar Skifahren. Musste nur ein bisschen warten dass der AUS$ wieder runter geht…
Hallo Annika,
das Leben besteht aus Zufällen. Du wohnst exact 9 KM von Leas Freundin Tess in der Jennings Street Sandringham entfernt….
aber leider ist die zur Zeit in Recklinghausen
auf Austausch….
Ruhrgebiet meets Australia 😉 or vice versa
M.
Das arme Kind – Recklinghausen! Obwohl, immer noch besser als Gelsenkirchen. A propos, zur Abstiegsfeier des S04 bin ich wieder da!
Mein Kind funktioniert noch bestens – keine Spur heimatferner Sozialisation: Sie will zur Abstiegsfeier von S04!! Hoffentlich kollidiert der Termin nicht mit der Aufstiegsfeier des VfL – da gibt es Entscheidungsnöte. Wir können uns die beiden Freudenfeste ja aufteilen.
Fazit: Die mittlerweile mehr als sechs Monate andauernde Heimatferne haben meinen Erziehungserfolgen nicht nachhaltig geschadet – ich bin stolz auf Dich! Mach’s gut in den kommenden Tagen. Es grüßt und winkt Dein alter Vater mit der VfL-Fahne!