Seit ich meine neuen Augen ausprobiere, entdecke ich erstaunliche Dinge. Vom Balkon im dritten Stock beispielsweise, wie eine Horde wuetender Menschen mit Holzlatten auf einen einzelnen eindrischt. Rapunzel ruft den Mann, denn solche Angelegenheiten sind ja irgendwie durch und durch steinzeitlich maennlich, aber mehr als schreien faellt dem auch nicht ein. Interessiert unten keinen, bis uns ein Glas runter”faellt”, da greift dann doch die Hotelsecurity ein und weg sind alle. Wir zittern uns dann so durch den Abend, denn das war Rohgewalt, die man nicht sehen will, wirklich nicht.
Was wir dagegen sehen wollen, sind Hoehlen, die fleissige Moenche irgendwann vor langer Zeit in den Berg gekloppt haben, inklusive Saeulen und Statuen und allem drum und dran – und alles aus einem einzigen Stueck! Sehr beeindruckend, Ellora und Ajanta. Fast noch beeindruckender als der moenchische Eifer waren allerdings die Kobesucher, wir waren naemlich bei weitem nicht alleine. 0,001 % der indischen Gesamtbevoelkerung war auch da, und hier trickst das Relative das Absolute aus! Das sind naemlich immer noch unfassbar viele Menschen, die sich durch die Hoehlen schieben. In der Masse zaehlt natuerlich das Leben des einzelnen nix mehr, deswegen wird gekaempft, um die naechste Treppenstufe, die schoensten Schuhe (die man vor den Hoehlen ausziehen muss) und ein bisschen Luft zum Atmen. Selbstredend gibt es das schoene Wort “Reissverschlussprinzip” nicht, man steht einfach immer irgendwo zwischen Stau und zaehfliessendem Verkehr. Die indische Situationsanalyse unseres Guides und Deutsch-Autodidakten fiel ungleich philosophischer aus: ”Die faulen Leute sind immer vorne.”
Ich bin mir nicht sicher, warum diese ganzen Menschen sich in Horden zu den Hoehlen aufgemacht haben, es kann jedenfalls nichts mit Besinnung an einem spirituellen (wahlweise hinduistischen, buddhistischen oder jainistischen) Ort zu tun haben. Am wahrscheinlichsten ist es, dass man dort gut ein paar Touristen anstarren kann, sie heimlich oder auf Nachfrage zu fotografieren (und diese Fotos danach zu verkaufen!) und sich ein Autogramm geben zu lassen. Ist lustig, nur nicht auf Dauer. Seither verlangen wir von Heimlichknipsern immer 10 Rupien, wollte aber noch keiner bezahlen, so schoen wie die Hoehlen sind wir dann doch nicht.
Schatzi,
der väterliche Ökonom hat gerade ausgerechnet, dass bei dem von Dir veranschlagten Tarif 8.000 kostenpflichtige und dann auch zahlende Heimlichknipser ausreichen würden, um die Investition bei Dr. Shroff zu refinanzieren. Jetzt muss ich nur noch die Gesamtbevölkerung Indiens kennen, um nach Multiplikation mit 0,001 abschätzen zu können, ob dies eine realistische Annahme für die geschilderte Re-Finanzierung ist. Falls diese Erwerbsquelle nicht ausreicht, bleibt ja noch die Hauptrolle neben Aamir Khan…
Mach das, was in der verbleibenden Zeit noch möglich ist!
Gruß aus Chicken-City von den Brillenträgern!
Jetzt hast du aber noch vergessen, dass sich die Kosten durch Einsparungen bei Optik Hoenl sowieso amortisieren. Nehmen wir an, ich schaffe 10 Fotos die Woche, dann muss ich noch 5.74 Jahre in Indien bleiben. Ich ruf mal besser Herrn Khan an…
Stimmt – die Gegenrechnung mit eingesparten Linsen bei Hönl hatte ich aus den Augen verloren (achte auf den Wortwitz!!)! Und das, obwohl ich doch schon in meiner ersten Reaktion auf die OP entsprechend argumentiert hatte. Herrn Khan anzurufen ist auf jeden Fall die bessere Option, als weitere 5,74 Jahre in Indien zu bleiben, weil ich dann wiederum erhöhte Arztkosten zur Depressionsbehandlung bei engen Familienangehörigen in die Rechnung einstellen müsste. Das wäre ja sogar kontraproduktiv, weil es Deine/Eure Abwesenheitszeit noch verlängern würde…
Geht gar nicht, kommt bloß pünktlich zurück!
„hier trickst das Relative das Absolute aus.“ dankeschön!
Dafuer nich! Viel schoener finde ich ”Die faulen Leute sind immer vorne.” Ich weine immer noch.