Noch etwas mehr als eine Woche bis Abflug… Uiuiui… Vieles wird nicht vermisst werden. Exemplarisch eine Unterhaltung durch eine geschlossene Haustür mit Glasscheibe zwischen mir und der Nachtapothekerin, die ich eine halbe Stunde vor definitivem Auszug aufsuchte, um ein dringendes Rezept einzulösen.
Sie: „Sldfbbbbbönadvvllj.“
Ich: „Entschuldigung, ich verstehe Sie leider nicht.“
Sie: „Döoiaöofnweogp.“
Ich: „Es tut mir leid, ich kann Sie nicht hören.“
Sie (brüllt): „Das kann nicht sein, wenn ich Sie verstehe, müssen Sie mich auch verstehen!“
Ich: „Ach so, vielleicht liegt es daran, dass Französisch nicht meine Muttersprache ist, tut mir wirklich sehr leid.“
Sie: „Wie bitte?“
Ich schiebe ihr einfach das Rezept durch so eine Art Katzenklappe, sie hat immerhin zwei der vier benötigten Packungen vorrätig, alles fein.
Ich: „Muss ich bei Ihnen bar bezahlen?“
Sie: wildes Kopfnicken
Ich: „Das ist ärgerlich, ich habe genau 2 Euro zu wenig, ich gehe schnell zum Automaten und komme sofort wieder.“
Sie: „Dann aber erst um 9, ich muss mich noch frisch machen, ich habe ja die ganze Nacht nicht geschlafen.“
Ich: „Aber ich bin doch hier richtig bei der Nachtapotheke?“ (Man kann sich ja mal vertun, hätte ja sein können, dass ich versehentlich beim Blumenladen nebenan geklingelt habe.)
Sie: „Können Sie nicht mit Karte zahlen?“
Ich: „??? Ähm, ja, kann ich…???“
Da schließt die Frau nach 10 Minuten Brüllerei durch eine geschlossene Tür dieselbe seelenruhig auf, lässt mich in den Laden und per Karte bezahlen. Die Kasse war übrigens an.
Ich gehe davon aus, dass im globalen Durchschnitt die Menschen netter sind als da, wo ich wohne. Das mag naiv sein, aber schlimmer kann es einfach nicht werden.
Gut, ALLE Menschen in meinem Umfeld sind natürlich nicht unfreundlich, im Gegenteil: Je näher sie mir kommen, umso netter werden sie. Ich verbringe im Schnitt so ca. neun Stunden am Tag mit den Lieblingskollegen Fietchen und Frau L.-H., die werden mir sicher fehlen, die gehören ja in meinen autistischen Tagesablauf, ich kann nie wieder eine Pizza Funghi essen, ohne nostalgisch zu werden! Wehe, ihr seid alle nicht mehr da in einem Jahr! Reicht ja, dass der Laden dann schon längst abgeschafft wurde. Oder zum GUIDO wurde. Oder was auch immer.
Familie ist auch so eine Sache. Vor Kurzem ist meine Stiefschwiegermutter (oder, viel hübscher: ma belle-belle-mère) legalisiert worden, sprich: Nach 17 Jahren wilder Ehe haben H. & H. den revolutionären Schritt zum Standesamt getan. Weil die Beringung an sich ja jetzt nicht so die Riesenüberraschung ist, haben sie es erstens am Aschermittwoch und zweitens heimlich getan. Ick froi mir! Stelle mir aber auch die Frage, ob das nur der Anfang einer Reihe von Eskapaden war. Wird nun alles aus dem Clanruder laufen, während ich aushäusig bin? Werde ich meine Artgenossen überhaupt noch wiedererkennen? Ganz schön fies, ich möchte bitte danke input, Veränderung und Entwicklung für mich selber, während alte Strukturen um Gottes Willen von der Evolution verschont bleiben mögen, damit das gemachte Nest bei der Rückkehr auch ja warm und heimelig ist. Wie egoistisch! Bitte habt alle ordentlich Spaß im nächsten Jahr, jeder hat ein Recht auf den aufrechten Vorwärtsgang, jawoll!
Was ich wahrscheinlich auch vermissen werde, und das ist wirklich nicht zu entschuldigen, wird der mediale Trash sein. Die Entscheidung ist so gut wie gefallen, das Notebook muss zu Hause bleiben. Schluchz. Ich liiiiiiiiiiebe voxonline, diese Auswanderergeschichten über Schalker, die in Tunesien einen Minigolfplatz eröffnen wollen: „Die Bahn wird einschlagen wie eine Bombe.“ Ohne Witz, das wird hart werden. Keine Filme, kein Dexter, kein nix. Zurück zum Backgammon.
Ab jetzt wird nur nach vorne geschaut, nächster Punkt auf der imaginären to-do-Liste lautet: Praktische Weltreisevorbereitung durch Extremstädtereisen. Ostern in Rom.
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