Mein Name ist Trulla. Ich wohne in Tasmanien und gehoere Helga-Jane, die mich regelmaessig an fremde Leute verleiht, weil ich zum einen ein bestechendes Aeusseres habe und zum anderen ueber ein gut ausgestattetes Innenleben verfuege – bei mir ergaenzen sich Aussehen und Charakter einfach perfekt. Meinen Job mache ich gerne, nicht nur, weil ich nix anderes gelernt habe, sondern auch, weil ich mit Herz und Motor bei der Sache bin.
Ich bin es also gewohnt, mich mit Fremden abzugeben, meistens mit Touristen, die sich bei jedem toten Wombat am Strassenrand vor Verzueckung in die Hose pinkeln und staendig meinen Scheibenwischer mit meinem Blinker verwechseln. Das ist unangenehm, weil ich immer wischen muss und gleichzeitig keine Ahnung habe, wo ich hin soll. Diese Woche habe ich allerdings den Vogel abgeschossen und bekam zwei Bekloppte zugeteilt, die glaubten, sie seien ein und dieselbe Person, jedenfalls redeten sie sich immer mit demselben Namen an. Das Blinkerproblem dagegen war ihnen fremd, denn sie wussten sowieso nie, in welche Richtung sie wollten. Sie zwangen mich, mit ueber 100 Sachen ueber den Highway zu brettern und kilometerlang durch einen Schlaglochparcours zu keuchen, wobei sie mich anbruellten mit “Trulla, hau rein, wir duerfen offroad!” Sie trieben mir die Schamesroete in den Rueckspiegel, als sie den Mechaniker fragten, warum denn die Mikrowelle nicht funktioniere (Antwort: kein Strom). Sie erniedrigten mich, indem sie mir eine Weihnachtsgirlande vor den Kaengurufangkorb hingen, die mir zugegebenermassen gut stand, aber doch etwas zu bling-bling fuer meine eher konservative Einstellung war. Sie redeten staendig Englisch mit dem peinlichsten Tschoermen Eckzent ueberhaupt, vergassen den Kuehlschrank zu schliessen, gaben mir nix zu trinken und verlangten Unmenschliches von mir am Berg. Sie lockten Kuhherden an mich ran, machten sich ueber informative Strassenschilder lustig und rochen irgendwann auch noch streng. Sie schienen Kaltblueter zu sein, jedenfalls jammerten sie staendig ueber die unwirtlichen Temperaturen und trugen daher Tag und Nacht unsaegliche Nikolausmuetzen. Sie verloren alles, was nicht angetackert war, am liebsten Tesafilm und Feuerzeug. Sie lachten ueber Tasmanen, die nun einmal nicht aussehen wie der Standardmensch. Sie schafften es sogar, eine Kirche zu befaekalisieren (aus Versehen!). Sie benahmen sich einfach Tag und Nacht daneben. Aber: Sie liebten mich. Ich war ihr Bett, ihre Kueche und ihr Tasmanien. Zum Dank zeigte ich ihnen die wahre tasmanische Schoenheit, die denen verborgen bleibt, die sinnlose Zeit in Port Arthur vergeuden. Sind nicht die Coal Mines mit ihren kryptischen Infotafeln die wahre intellektuelle Herausforderung? Ist ein Hinterhofparkplatz neben den Gleisen nicht ein viel authentischerer Standort als ein Campingplatz? Ist ein bananenfressendes Wallabee nicht mindestens genauso viel wert wie ein Teufel im Zoo? Ist nicht jeder tasmanische Strand irgendwie der schoenste der Welt (ausser Wineglass Bay)? Und wer faehrt eigentlich nach Port Arthur, wenn er auch die Lavendula-Destillerie besichtigen kann? Was waere ein Regenwald ohne Regen? Was machen die Pinguine, wenn es dunkel wird? Am meisten konnte ich sie aber damit beeindrucken, dass ich tatsaechlich einen Tag fuer den beruehmten Cradle Mountain ausgewaehlt hatte, an dem NICHT die Sonne schien – das gibt es naemlich nur etwa 350 mal im Jahr.
Die Bekloppten verfuegten ueber eine nicht endenwollende sinnfreie Kommunikation, sowohl mit mir als auch untereinander. Ich habe selten so viel Schwachsinn am Band gehoert, mir klingelte die Hupe, die beiden schienen es zu moegen. Zu allem Ueberfluss dokumentierten sie ihre Verbaldiarrhoe schriftlich, foto- und videografisch, welch ein Souvenir! Ein Besuch im Wildtierzoo bewies, dass sie tatsaechlich debiler sind als ein Vogel: Beide stehen begeistert vor der Kakadu-Voliere und beschallen den armen Kerl mit “Aaaaanniiiiiiii. Sag Aaaaannniiii! Ja los, Aaaaaanniiiiii!” Er kriegt die Krise, faucht ein wenig und droht mit aufgestelltem Kamm, waehrend die beiden voller Verzueckung loben:”Ja was hat er da gesagt, hat er Hello gesagt? Ja fein, ja ganz fein!” Der unterforderte Papagei hinter ihnen schreit sich die Lunge aus dem Hals mit seinem Hello, bis die Unterbelichteten mal auf den Trichter kommen, dass der Sprachbegabte nicht der Kakadu vor ihnen ist. Statt sich ordentlich zu schaemen, fangen die beiden an, mit dem Papagei zu tanzen. Und zu singen. Gut, dass ich auf dem Parkplatz geblieben bin.
A propos Vogel abschiessen: Haben sie natuerlich am letzten Abend auch noch geschafft…
Ja, ja Trulla, zwei von der Sorte… Nimm einen tüchtigen Schluck Öl und relaxe in einer schönen Waschanlage, dann sieht das Leben gleich anders aus!